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kuratiert von Peter Fischli
Ein Ruheloses Universum
16.04. — 17.09.2023
Die Ausstellung Ein Ruheloses Universum des Künstlerduos Fischli & Weiss zeigt die beiden Werke Surrli (1989) und die Originalkostüme von Ratte und Bär (2004). Die beiden Tierfiguren tauchen im Werk von Fischli & Weiss in verschiedenen Rollen auf: etwa als Protagonisten im Film Der geringste Widerstand (1980-81) oder als «Autoren» des Künstlerbuchs Ordnung und Reinlichkeit (1981) – zwei Werke, die ebenfalls Teil der Ausstellung in der Bechtler Stiftung sein werden.
Das Werk Surrli ist eine Serie abstrakter, vielgestaltiger geometrischer Lichtskulpturen. Inspiriert von einem Jojo-ähnlichen Spielzeug mit LED’s aus dem Farbstreifen aus Licht quirlen, entwickelten Fischli & Weiss eine Maschine, die ähnliche Effekte erzeugen kann. Die handgekurbelte Vorrichtung mit mehreren rotierenden Armen und Platten ist mit mehreren Leuchten bestückt. Die damit erzeugten rotierenden Lichter wurden vor schwarzem Hintergrund mit Langzeitbelichtung fotografiert. Die entstandenen Lichtskulpturen erscheinen als bunte, ellipsenartige Muster, die an die Laufbahn von Planeten erinnern. Durch sorgfältige Manipulation der Lichtverhältnisse und der Belichtungszeiten gelang es Fischli & Weiss, jede Andeutung von Low-Tech-Geräten hinter diesen wundersamen Bildern zu beseitigen. In der Ausstellung werden insgesamt 162 Dias von drei Projektoren an die Wände des abgedunkelten Ausstellungsraums projiziert.
Die Figuren Ratte und Bär entstanden in den 1980er-Jahren, ganz zu Beginn der Zusammenarbeit von Peter Fischli und David Weiss. Nach ihrem ersten Auftritt im Film Der geringste Widerstand (1980/81) tauchen sie im Oeuvre der beiden Künstler immer wieder und in verschiedenen Formen auf. In diesem «Buddy-Film» mit einem surrealen Twist reisen die Künstler auf der Suche nach dem schnellen Geld im Ratten- beziehungsweise Bärenkostüm durch Los Angeles und sinnieren über Kunst, Reichtum, Ruhm und Glück, reflektieren nach einer Sinnkrise über ihre Existenz, und halten ihre Erkenntnisse in Form von Diagrammen und Grafiken fest. Diese Diagramme und Schaubilder wurden dann anlässlich der Premiere von Der geringste Widerstand unter dem Titel Ordnung und Reinlichkeit veröffentlicht. Kritisch, aber humorvoll zeichnen die Grafiken den Versuch der Künstler nach, die Welt und ihr eigenes Leben mittels eigens geschaffenen Typologien und Kategorien zu verstehen.
Die beiden Figuren Ratte und Bär können als Alter Egos der beiden Künstler gelesen werden, oder zumindest als Sinnbild für ihre langjährige Kollaboration, die auf der Idee des dualistischen Denkens beruht. Ratte und Bär markieren zeitlich und konzeptuell die Zusammenarbeit von Peter Fischli und David Weiss von den frühen Tagen bis hin zu Weiss’ Tod im Jahr 2012. In den Tierfiguren vereinigen sich viele Ansätze, die ihre künstlerische Praxis auszeichnet: die ironische Auseinandersetzung mit künstlerischen Paradigmen, die Hinterfragung der künstlerischen Identität, die Reflexion sowohl alltäglicher als auch philosophischer Fragestellungen und die Verwendung von unterschiedlichen, oft aussergewöhnlichen künstlerischen Medien.
Vor knapp zwanzig Jahren fragte die Künstlerin Dominique Gonzalez-Förster Fischli & Weiss an, ob sie die Figuren Ratte und Bär für ihre Ausstellung Multiverse in der Kunsthalle Zürich auferstehen lassen würden. Das Duo mochte Ratte und Bär aber nicht als Performer in einer Ausstellung zeigen. Stattdessen platzierten sie die Original-Kostüme von Ratte und Bär in semitransparenten Plexiglaskuben, die an die Monolithen aus dem Science-Fiction Film 2001: A Space Odyssey (1968) von Stanley Kubrick erinnern. Scheinbar schwebend, erinnern sie an durchs All gleitende Astronauten.